SCHRITT 1: KOSTENLOSE ANALYSE

LEHRKONZEPT- Als Gesangspädagogin ist es für mich von zentraler Bedeutung, jedem einzelnen Studierenden mit systematischem und fundiertem Wissen zu begegnen und ihn auf Grundlage seiner individuellen Voraussetzungen, Fähigkeiten, Kenntnisse und Talente zu begleiten. Die Studierenden sollen die wesentlichen Merkmale der anatomischen Funktionsweise des vokalen Instruments kennenlernen – unterstützt durch die Nutzung einschlägiger fachlicher und wissenschaftlicher Literatur. Auf Basis dieser Erkenntnisse übertragen sie das Wissen Schritt für Schritt auf den eigenen Körper und entwickeln mit meiner Anleitung ein Bewusstsein für den Atemvorgang, die innere Hörvorstellung und schließlich für die stimmliche Tonproduktion.

 

Ein zentraler Schwerpunkt meines Unterrichts ist die Atemtechnik. Die Studierenden vertiefen ihren natürlichen Einatmen, machen sich die daran beteiligte Muskulatur bewusst und lernen, den Atemfluss stabil und kontrolliert zu gestalten. So bleibt das Zwerchfell länger aktiv, was die Grundlage für eine freie Tonproduktion (appoggio) bildet. Ergänzend integriere ich Atemübungen aus dem Yoga und dem Qi Gong, die ich selbst regelmäßig vor Auftritten praktiziere. Diese Methoden fördern nicht nur eine vertiefte und natürliche Atmung, sondern unterstützen auch Ruhe, Konzentration und körperliche Präsenz – Fähigkeiten, die für Konzerte, Vorsingen und künstlerische Projekte essenziell sind.

 

Ein weiterer wichtiger Bestandteil meines Unterrichts ist die Stimmhygiene sowie die Vermittlung effizienter und gesunder Übestrategien. Viele Studierende üben ohne klare Orientierung; daher lege ich großen Wert auf ein strukturiertes, bewusstes und technisch fundiertes Arbeiten. Ich erstelle individuelle Übe- und Einsingpläne mit klaren Abläufen, geeigneten Übungen und einem definierten Tonumfang. Da nicht jede Übung in jeder Lage sinnvoll ist, passe ich das Material stets an die jeweilige Stimmlage und die stimmtechnische Situation an. Ein zielgerichtetes Einsingen dient dabei nicht nur dem Aufwärmen, sondern vorrangig der technischen Weiterentwicklung und dem Aufbau einer gesunden, ökonomischen Stimmfunktion. Ich vermittle den Studierenden, wie man effektiv übt: in kurzen, fokussierten Einheiten, mit klaren Zielen, bewussten Pausen und mithilfe von Audio- und Videoaufnahmen zur Selbstreflexion.

 

Ebenso wichtig ist das frühzeitige Erkennen körperlicher Warnsignale wie Druckgefühl oder Heiserkeit. Ein unverzichtbarer Bestandteil der Ausbildung ist die Entwicklung einer differenzierten inneren Hörvorstellung. Dies fördere ich durch das gemeinsame Hören und Analysieren von Aufnahmen herausragender Sängerinnen und Sänger sowie durch gezielte Demonstrationen im Unterricht. Gemeinsam trainieren wir die Wahrnehmung verschiedener Stimmqualitäten und die Analyse jener Parameter, die eine gesunde und künstlerisch hochwertige Stimme definieren: Resonanz und Einheitsklang, vokale Formanten, chiaro-scuro, Reinheit des Klangs, Freiheit und Vibrato, lyrische bzw. dramatische Qualitäten sowie deutliche Artikulation. Diese Parameter stärke ich durch individuell abgestimmte technische Übungen.

 

Bei der Auswahl der vokalen Literatur orientiere ich mich an den stimmlichen Voraussetzungen, der technischen Entwicklung und den künstlerischen Bedürfnissen der Studierenden. Bei der Interpretation vokaler Werke internationaler Komponistinnen und Komponisten setzen sie sich mit literarischen Vorlagen bedeutender Dichterinnen, Dichter und Schriftsteller auseinander. Dabei erwerben sie Kenntnisse in zahlreichen Sprachen, darunter Deutsch, Russisch, Latein, Italienisch, Französisch, Spanisch, Englisch, Slowenisch, Tschechisch, Kroatisch und Serbisch. Sie übersetzen Texte, erfassen ihre Bedeutung, formen sie phonetisch präzise und entwickeln daraus eine authentische künstlerische Interpretation. Während meines Studiums an der HfM „Hanns Eisler“ Berlin habe ich mich intensiv mit dem International Phonetic Alphabet (IPA) beschäftigt. Dieses Wissen gebe ich systematisch an meine Studierenden weiter.

 

Das IPA ist ein weltweit standardisiertes Lautschriftsystem, das alle menschlichen Sprachlaute präzise abbildet. Es ermöglicht Sängerinnen und Sängern, eine exakte Aussprache unabhängig von der Schriftform zu erlernen. Mit Hilfe des IPA analysieren wir Vokale und Konsonanten eines Textes, definieren ihre genaue Artikulation und übertragen diese in eine klare, stilistisch angemessene gesangliche Aussprache. Über Musik und Text erforschen die Studierenden verschiedene emotionale Zustände und gestalten diese auf der Bühne mithilfe von Klangfarben, dynamischen Nuancen und szenischer Präsenz.

 

Ihre künstlerische Breite erweitern sie durch den Besuch von Konzerten, Opernaufführungen, durch das Lesen einschlägiger Literatur sowie durch die Auseinandersetzung mit anderen Kunstformen.

 

Durch die Beschäftigung mit den stilistischen Besonderheiten des Barock, der Klassik, der Romantik und der zeitgenössischen Musik erhalten die Studierenden einen vertieften Einblick in den Charakter, die Ästhetik und die Ausdrucksweisen der jeweiligen Epoche. Da künstlerisches Schaffen stets im kulturellen und gesellschaftlichen Kontext entsteht, lernen die Studierenden, musikalische Werke historisch einzuordnen, kritisch zu reflektieren und daraus eine persönliche, reflektierte und stilistisch verantwortungsvolle Interpretation zu entwickeln.

 

Digitale Kompetenzen – etwa die Nutzung von Notationsprogrammen, Transpositionstools oder Online-Datenbanken – unterstützen sie zudem bei der Vorbereitung und Recherche von Literatur, Notenmaterial, Poesie und Tonaufnahmen.